Adventskonzert in St. Emmeram: „vom Feinsten“

"Adventskonzert

Diesmal war die Pfarrkirche St. Emmeram zum Vogtareuther Adventskonzert am 6. Dezember so voll, dass keine einzige Bank leer blieb. Die Neugierigen, die das vom Kerzenschein der Apostelleuchter erhellte Kirchenschiff füllten, umfassten Einheimische, Vogtareuther Pfarrkinder und syrische Flüchtlinge, ebenso wie eigens angereiste Gäste aus dem Pfarrverband und darüber hinaus.

Den Anfang machte die Jugend: Zuerst durchbrachen die Blech-Blas-Buam (Severin Herzog, Christoph Hofstetter, Seppi Liegl, Georg Rinser und Hubert Sewald) mit ihrer „Fanfare“ die erwartungsvolle Stille, dann pochte es von draußen vernehmlich an die Kirchentür – es waren die Klöpfelkinder, die an den Donnerstagen vor Weihnachten für die Aktion „Junge Leute helfen“ durchs Dorf gehen und nun, von Sandra Hofbauer und Hedwig Grella geführt, mit Klöpfellied und Flötenklang (Eva Bernhard und Agnes Liegl) nach vorne zogen: „Griaß God, mia singan heid, eich o a neie Zeid“.

Es ist bei den Vogtareuther Adventskonzerten des Orgelbauvereins so, dass die einzelnen Stücke ohne Zwischenapplaus aufeinanderfolgen sollen und dass auch der Verein selbst zum Schluss nicht das letzte Wort behalten will. Darum dankte Richard Eschlbeck als Zweiter Vorsitzender und Gesamtplaner des Abends gleich eingangs allen Helfern und Beitragenden für ihren unentgeltlichen Einsatz sowie den Zuhörern für ihren Beitrag zugunsten des Orgelneubaus in St. Emmeram.

Ein Blick auf den Programmzettel zeigte, dass alle Formationen des Vorjahrs dem Adventskonzert treu geblieben waren, von der Eabach Musi aus Bad Feilnbach und Kolbermoor bis zur Heimmannschaft des Kirchenchors, der gleich mit einer Komposition der Chorleiterin einsetzte: „Schau, schau, es dämmert scho“ – wie auch die „Fanfare“ und die „Bläserweise“ der Blech-Blas-Buam, die Martina Schmidmaier ebenso mit sicherer Hand zu den Auftritten führt, Vogtareuther Eigengut sind. Der Chor klang gut abgestimmt, sang klar und in schöner Dynamik, dazu spielte Elisabeth Asböck an der Harfe; vor allem mit „Your raise me up“ ließ sie auch als Solistin das Publikum ergriffen aufseufzen. Außerdem gab sie noch dem Trio der Straßkirchener Sängerinnen den Ton vor; Christine Gaßner, Marianne Kink und Maria Weiß sind bei jedem Hören wieder unglaublich in ihrer stimmlichen Dreifaltigkeit, drei und doch eins, aber jede mit so viel Vokalcharakter, dass nichts verschwimmt, sondern der Gesamtklang Tiefenschärfe gewinnt. Besonders schön war das, leuchtend bis in die Spitzen, bei „Maria, hör die Engel an“ zu erleben.

Das Herrenpendant dazu hat sich als Vogtareuther Sänger formiert: auf der Tenorseite Richard Eschlbeck und Lukas Herzog, im Bass Michael Eschlbeck und Martin Weyland – das hört sich sehr schön an, in guter Ausgewogenheit, und ist dort am wirkmächtigsten, wo das Stück die Stimmen mit starken Wechseln fordert, namentlich bei „Durch die Nacht scheint a Liacht“ und bei „Nachtn spat so uma neune“. Als Begleitung spielte hier die Eabach Musi, die spätestens mit dem „Kerschbaam-Landler“ für warme Füße sorgte, indem sie den Zuhörern die Tanzlust in die mitwippenden Zehen zauberte. Beim Pruttinger Viersang wiederum (Georg Plankl und Renate Schmidmayer aus Schwabering mit Hedwig Grella und Sandra Hofbauer), begleitet von Christine Dzinian auf der Zither, ist das Volkslied des Voralpenlands ganz daheim. Sie zählen uns die Töne wie alte Münzen einer fast vergessenen Währung in die Hand, große und kleine, ruhig und getragen. Bei keiner Gruppe hat man so sehr den Schnee vermisst wie „Als Maria übers Gebirge ging“ und natürlich bei „Da Winter schaut eina“.

Zwei besondere Abteilungen dieses Abends sind noch hervorzuheben. Das ist zum einen die Textwahl von Pfarrer Guido Seidenberger, der als Wortbeitrag u.a. die Flüchtlings- und Weihnachtsgeburtsgeschichte „Herbergsuchen – irgendwo auf dieser Welt“ von Gabriele Maricic-Kaiblinger wählte. Man kann sie hier nachlesen. Zum anderen sind es Sandra und Jürgen Hofbauer, die sich ihre Beiträge stets abseits des Gewohnten suchen; diesmal überraschten sie jedoch nicht mit der Auswahl, sondern durch das Arrangement: Mit Barbara Bock als Sopransolistin hatten sie sich mit einer Konzertstimme verbündet, die „Es kommt ein Schiff, geladen“ geradezu „unerhört“ klingen lässt. Als blättere man in einem historischen Kinderbuch und gerate neu in den Bann der Bilder, die mit wenigen Strichen und klarer Kolorierung ein geistliches Schiff von weit bis in unsere Gegenwart fahren lassen, dass es mit Händen zu greifen ist. Noch beherzter hatte Jürgen Hofbauer den Marientraum von „Und unser lieben Frauen“ eingerichtet, mit einer Begleitung, die sich abwechselt und überschneidet, in vollem Vertrauen auf das strophenbindende Kyrie eleison, vor dem die Instrumente achtungsvoll verstummen, damit die Worte der Bitte um Erbarmen Gehör finden. Und wenn Sandra Hofbauer in dieses Kyrie zum Beschluss mit zweiter Stimme dazugeht, tut das große Wirkung – da sind wir wie Zeugen eines Bekehrungswunders.

Solche Dinge hört man wahrhaftig nicht oft. Es ist auch nicht oft, dass so viele Leute aus dem Publikum, auch Unbekannte, nach dem Schlussapplaus noch an die Chorschranken treten, um ausdrücklich zu danken („vom Feinsten“ sagten Gäste aus Kolbermoor). Das freute die Beitragenden ebenso wie den Orgelbauverein, der anschließend noch ins Feuerwehrhaus zu Glühwein und Stollen einlud. Ihnen allen sei für den ausnehmend schönen Konzertabend von Herzen gedankt.

Florian Eichberger